Donnerstag, 25. Dezember 2008

Indische Logik ...
ist mit unserem europäisch geprägtem Hirn nicht immer so einfach zu entschlüsseln. Nehmen wir das Beispiel der Polizeiregistrierung: in Ahmedabad angekommen, wurde erst mal mein Reisepass von der Polizei eingezogen. Das ist ja noch nicht dramatisch. Ich wusste es ja vorher. Angeblich zur Prüfung der Daten. Nach zwei vollen Tagen Datenprüfung haben wir dann ein Buch mit Formularen bekommen und eine seitenlange Checkliste mit beizufügenden Dokumenten. Auch alles noch kein Problem. Erste unlogische Wahrheit: Warum um alles in der Welt besteht das gesamte Formularbuch nur aus zwei unterschiedlichen Seiten, die jeweils um die zehnmal hintereinander in 100% Übereinstimmung ausgefüllt werden müssen!!!! Es gibt doch XEROX (der indische Inbegriff für Drucker). Antwort: Die Polizei braucht Duplikate, Triplikate Quadrikate .... Beigefügt werden sollen jeweils 3 XEROX Kopien (wehe dir, eine andere Kopierermarke zu verwenden) von Reisepass und Visa zur Datenverifizierung und ein ganzer Stapel andere Dokumente. Nach dem zweitägigen Reisepass-Check nicht verwunderlich. Nächste Unlogik: Zur Verifizierung der Daten in dem Registrierungsbuch (in zehnfacher Ausführung) werden NICHT die Kopien in dreifacher Ausführung verwendet. Nein, der Originalreisepass ist das einzig akzeptierte Verifizierungsdokument. Wozu brauchten sie dann zwei Tage Datenprüfung, bevor sie uns die Formulare zum Ausfüllen aushändigen????? Wie auch immer. Einfach einreichen und nicht zu viele Fragen stellen.

Eine weitere indische Logik: An allen möglichen Eingängen (Metro, Mall, Bibliotheken, Hotels, Museen ....) wird ein überaus ernst zu nehmender Sicherheitscheck durchgeführt. Taschen werden durchsucht und wir müssen durch solche Pieptore laufen. Ganz genau wie am Flughafen, aber für jede Kleinigkeit. Und natürlich sind Frauen und Männer in getrennten Reihen. Hier aber nun die besondere Logik: Die Piepdetektoren piepen halb Delhi zusammen und trotzdem reagiert keiner der personaltechnisch völlig überbesetzten Sicherheitsmannschaft. Man stelle sich das so vor: Ich laufe durch das Tor, die Lampe blinkt rot, die Warnhupe piept ...... das weibliche Sicherheitspersonal fährt einmal mit der überdimensionierten Pieplupe von Kopf bis Fuß, es piept und blinkt durchgehend und alarmierend ..... ich darf weiterlaufen.

Im Straßenverkehr: Jeder hupt. Es ist freie Bahn. Der Bus hupt. 100 Meter entfernt nähert sich eine Rikshaw. Der Busfahrer dreht fast durch vor Hupen. Der Bus fährt näher an den voranliegenden Verkehr heran und hupt, setzt zum Überholen an. Gegenverkehr .... wen interessiert´s? Lauter hupen und auf die andere Straßenseite. Gegenverkehr kommt gefährlich näher. Reaktion: Lauter Hupen. Indische Logik: Wer zu leise hupt, wird überfahren!

An der Busstation in Agra: Wir haben reservierte Plätze für den Nachtbus nach Ajmer. Sitznummern 13 und 14. Wir kommen zum Einchecken. Mit einer Sekunde Verzögerung werden wir in die Wartehalle geschickt. Skeptisches Grübeln. Ein Bus steht abfahrbereit vor dem Wartebereich. Nach mehrmaligem Fragen, ob dies der Bus nach Ajmer sei, sehen wir ein, dass er es wohl nicht ist. Eine halbe Stunde vor Abfahrt steht der Bus immer noch da. Gepäck und Cargo wird aufs Dach geladen. Wir erkundigen uns beim Busfahrer. Es IST der Bus nach Ajmer. Zur Sicherheit fragen wir noch einmal da Eincheck-Personal: Es ist NICHT der Bus nach Ajmer. Der kommt erst noch. Dieser Bus fährt 30 ... nein, 15 Minuten vor unserer Abfahrt ab. Skeptik. Wir gehen wieder zum Busfahrer und zeigen ihm unser Ticket. Er nickt aufgeregt und will uns unsere Plätze zeigen. Im letzten Augenblick dreht er sich um und rennt zum Check-In Counter. Inzwischen sind wir sicher, dass da unser Bus ist. Überbucht. Wir teilen uns einen Schlafplatz. Zwei Inder werden dafür weggejagt. Arme Inder. Trotzdem froh, dass wir im Bus sitzen. Hätten wir auf den Hauptverantwortlichen gehört, wäre der Bus vor unserer Nase ohne uns losgefahren. Indische Logik.

Weihnachtsprogramm auf dem Campus: Die Einladung sagt eindeutig "7 Uhr Start des Programms. Bitte früher da sein, damit Programm pünktlich beginnen kann" Wohlwissend komme ich 45 Minuten später. Und trotzdem: Die dummen Austauschstudenten sind die Einzigen, die weit und breit vor der leeren Bühne stehen. IST = Indian Stretchable Time